Gerade bei Untersuchungen über Ereignisse, wie Verbrechen der Endkriegszeit, wird es nicht in allen Fällen gelingen, für die Bearbeitung einzelner Ereignisse Dokumente aus Archiven zu beschaffen. Um ein Gesamtbild solcher Vorkommnisse zu erstellen ist es notwendig, in die Recherche weitere Quellen wie Veröffentlichungen, Zeit- und Augenzeugenberichte, eigene Untersuchungen, Befragungen und Besichtigungen vor Ort einzubeziehen. Eine besonders wichtige Rolle kommt dabei den noch lebenden Zeit- und Augenzeugen zu.
Der Mensch und seine Erinnerung im Fokus
Nach dieser langen Zeit, die seit den Ereignissen vergangen ist, ist es schon ein glücklicher Zufall, wenn man noch Zeitzeugen findet. Hinzu
kommt, dass sie bereit sein müssen, in ihre meist schmerzhafte Vergangenheit zurück zu gehen, um über ihre Kenntnisse und Erfahrungen zu berichten.
Noch vor einigen Jahren wurde dieser mündlich übertragenen Geschichte (oral history) weniger Bedeutung als heute zugemessen. Allgemein war man damals der Ansicht, dass das Schwergewicht der Wichtigkeit von Aussagen eher in Dokumenten, nach Möglichkeit aus anerkannten Archiven, läge. Sicherlich ist es so, dass bei Aussagen von Zeit- oder Augenzeugen auch subjektive Erkenntnisse eine Rolle spielen. Trotzdem sind diese Aussagen wichtig und verwertbar. Zusammen mit den historischen Kenntnissen eines Autors, der die Zeugenaussagen in jedem Fall gewichten und bewerten muss, kann auch aus widersprüchlichen Zeugenaussagen ein reales Gesamtbild erarbeitet werden.
Das Erlebte niederschreiben
„Die moderne historische Forschung ist multiperspektivisch und es kommt darauf an,
charakteristische Rahmenbedingungen, Entwicklungslinien sowie individuelle
Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster zu identifizieren und diese zu einem in sich schlüssigen Gesamtbild zusammen zu setzen. Dieses muss in der Lage sein, Vielgestaltigkeit und Widersprüchliches zu
integrieren, anstatt zu ignorieren oder gar auszuschließen“, schreibt der Historiker Andreas Kunz vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt in
Freiburg.
Mit dieser Recherchenmethodik bilden sich die Ergebnisse in der Art eines Mosaiks ab, das aus vielen Quellen gespeist wird.
Besonders in der Endkriegsphase, über die das Buch „Das Ende - Eine Spurensuche im Hegau, am Bodensee, in Vorarlberg“ berichtet, wurde diese Recherchenmethodik angewendet.