Spurensuche Menschen im Krieg
SpurensucheMenschen im Krieg

Duisburg am 14. und 15. Oktober 1944    Operation Hurricane

"Nun ist es soweit"

„Nun ist es soweit“, diesen Satz verbreitete die BBC London am Tage nach den fürchterlichen Angriffen auf Duisburg, Köln, Braunschweig und die Sorpetalsperre.

"Nun ist es soweit", sagten die Alliierten, denen es gelungen war eine Demonstration ihrer überaus großen Übermacht zu zeigen.

"Nun ist es soweit", sagten die im Bomber Command zusammengeführten Luftflotten der RAF und der USAAF, weil sie sahen, dass ein großer Teil des Weges, den Krieg gegen Deutschland zu gewinnen, gegangen war.

Die „Operation Hurricane“ war am 14. und 15. Oktober 1944 traurige Realität geworden.

Zwei Tage vor dem Angriff hatte das Bomber Command alle schweren Bomber am Boden gehalten, um sie auf den großen Angriff in der Operation Hurricane vorzubereiten.
 

Am 14.10. 1944 verließen 1013 Bomber, 519 Lancaster, 474 Halifax und 20 Mosquito im Morgengrauen zwischen sechs und sieben Uhr die englischen Flughäfen, um ihren ersten Angriff auf Duisburg auszuführen. Dabei warfen sie 3574 Tonnen schwerster Bomben und 850 Tonnen Brandbomben über der Stadt ab.

13 Lancaster und zwei Halifax wurden bei diesem Angriff durch die Flak abgeschossen und 2 Lancaster gingen durch technische Defekte verloren. 81 Soldaten der RAF wurden dabei getötet und 13 gingen in Gefangenschaft.

Der nächste Angriff auf Duisburg erfolgte in zwei Wellen in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober. Zwischen 22.15 Uhr und 1.30 Uhr starteten in England 1005 Bomber, um die begonnene Operation fortzusetzen. 498 Lancaster, 468 Halifax und 39 Mosquito warfen in 2 Wellen, mit einem Zeitabstand von 2 Stunden, 4040 Tonnen Sprengbomben und 500 Tonnen Brandbomben auf die Stadt.

5 Lancaster und 3 Halifax wurden bei diesem Folgeangriff durch die Flak abgeschossen und 5 Halifax gingen wegen technischer Defekte verloren, dabei fanden 36 Soldaten der RAF den Tod und 22 konnten aus ihren angeschossen Maschinen über dem inzwischen befreiten Territorium Belgiens sicher abspringen. Gefangene gab es keine.

Diese Flugzeuge des Bomber Command wurden von einer beachtlichen Zahl von Kampf- und Bombenflugzeugen der 2nd Tactical Air Force des Fighter Command unterstützt. Ihre genaue Zahl ist zurzeit nicht zu ermitteln. Es werden aber einige hundert Maschinen gewesen sein, wenn man die 749 amerikanischen Fighter, die mit 1251 amerikanischen schweren Bombern die Stadt Köln angriffen, in Bezug setzt.


Die Abschusszahlen durch die Flak litten unter der Tatsache, dass im ersten Angriff der Operation nahezu alle Flakstellungen getroffen worden sein müssen, denn die Abschüsse verringerten sich von 17 im ersten Angriff auf 8 im zweiten Angriff in der Nacht. Von diesen 8 Abschüssen in der Nacht erfolgten 6 in der ersten Welle und nur noch 2 in der zweiten Welle. Dieses Ausschalten der Luftabwehr war eine typische Aufgabe der 2nd TAF, die mit ihren spezialisierten Fugzeugen und Mannschaften Tag und Nachtangriffe mit Bordwaffen und Bomben ausführen konnten.

Die 100 SD Group, eine Spezialtruppe des Bomber Command, beteiligte sich mit 132 leichten Bombern und Jagdflugzeugen an der Operation. Hauptaufgabe waren Einzelangriffe auf begrenzte Ziele, die Störung des Radars, des Funkverkehrs und Ablenkungsangriffe, die die deutschen Jäger fehlleiten sollten. Deutsche Jäger zur Verteidigung der Stadt wurden bei beiden Angriffen keine festgestellt

So wurden in nicht ganz 48 Stunden fast 9000 Tonnen Bomben auf Duisburg abgeworfen.

2876 Menschen kosteten diese Angriffe der Operation Hurricane allein in Duisburg das Leben.

Die 8.USAAF verlor bei ihrem Angriff auf Köln 5 schwere Bomber und 1 Kampfflugzeug.

Die ungefähre Zahl ihrer Opfer wird 51 sein, wenn man annimmt, dass alle abgeschossenen Maschinen vom Typ B17- Flying Fortress waren und das Kampfflugzeug einsitzig.

 

Begonnen hatte dieser Weg zum infernoartigen Kriegsende mit der Konferenz von Casablanca in Januar 1943. Dort trafen sich die Regierungschefs der USA und Großbritanniens, Roosevelt und Churchill. Sie beschlossen die Intensivierung des Bombenkrieges gegen Deutschland und gaben diesem Beschluss Vorrang vor allen anderen militärischen Aktivitäten.

Deutschland antwortete auf die Beschlüsse von Casablanca und das Desaster von Stalingrad, das gerade mit dem Verlust tausender Menschenleben zu Ende gegangen war, mit den Mitteln der Propaganda. Einen Monat später rief Goebbels im Berliner Sportpalast den Totalen Krieg aus. Er emotionalisierte die Menschenmenge indem er die Forderung nach bedingungsloser Kapitulation zurückwies und der Menge zurief: „Wollt ihr den totalen Krieg?“

Dass die Menschenmenge fanatisch mit ja antwortete, spielt in unserer Geschichte nicht die geringste Rolle und taugt nicht für den Nachweis, dass das Volk diesen Krieg wollte. Viel schlimmer und für den Fortgang des Krieges so verhängnisvoll, waren die Überschätzung der eigenen Möglichkeiten und die Fanatisierung der obersten Militärführung Deutschlands.

Hitler als Regierungschef und militärischer Führer trug eine riesige Verantwortung für das, was in der Folgezeit nach der Casablanca- Konferenz, noch geschah. Spätestens Mitte 1944 war Deutschland militärisch geschlagen, kein Sieg mehr, kein Erfolg.

Die westlichen Alliierten setzten ihre Beschlüsse von Casablanca in die Tat um. Im Mai 1943 wurde die Intensivierung der Bombenangriffe auf Deutschland zusätzlich durch eine Umgestaltung des Fighter Command in eine taktische Luftflotte ( TAF ) und eine Luftflotte zum Schutz des britischen Territoriums eingeleitet. ( ADGB )

Im November des gleichen Jahres war die taktische Luftflotte, 2nd TAF genannt, einsatzbereit. Ab diesem Zeitpunkt war neben dem Bomber Command eine zweite Gruppe entstanden, die in großem Umfang zusätzlich taktische Bombardierungen ausführte.

Diese taktische Luftflotte wurde im Juni 1944, entsprechend der gewachsenen Anforderungen, Invasion in der Normandie und Bomberunterstützung in Deutschland, mit neuesten Flugzeugen ausgerüstet und für den kombinierten Einsatz, schwerer Bomber zusammen mit den leichte Bombern, im großen Umfang zu ersten mal in der Operation Hurricane erprobt.

Zusätzlich wurden vom fernöstlichen Kriegsschauplatz nicht dringend benötigte Flight Squadrons nach England zurück verlegt und dort auf die Lancasterbomber umgeschult. „Germany first“, zuerst den Krieg in Deutschland zu beenden, war das Ziel der westlichen Alliierten.

An Angriffen, wie der Operation Hurricane, waren immer amerikanische Luftflotten beteiligt, um den massiven Abwurf von Bomben, den kombinierten Beschuss und Bombenabwurf durch Jagdflugzeuge bewältigen zu können.

Die Operation Hurricane, die Duisburg, Köln, Braunschweig und die Sorpetalsperre zum Ziel hatte, war die Vorübung für Luftangriffe ungeahnten Ausmaßes auf deutsche Städte Anfang des Jahres 1945, wie Dresden, Leipzig und Chemnitz.

Dass diese Angriffe gegen Ende des Krieges überhaupt stattfinden konnten, lag ohne Zweifel an der Verantwortungslosigkeit des Handelns der deutschen Militär- und Politikführung. Nur eine frühzeitige Beendigung dieses aussichtslosen Krieges hätte sie vermieden.

Wie sie jedoch, als sie durch Versagen der deutschen Politik durchführbar geworden waren, abliefen, lag in der Verantwortung der Alliierten. Es gibt unter den Bedingungen eines Krieges Grenzen der Moral, der Ethik und der Menschlichkeit, die auch für die Siegenden gelten. Diese sind bei diesen Angriffen durch die Alliierten überschritten worden.


Ilse B. erlebte als junge Frau den Angriff auf Duisburg und berichtete in einem wenige Tage darauf entstandenem Brief über die Ereignisse.
 

Meine lieben Alle!                                                                Duisburg, den 18. 10. 1944

Nun, da mir die Hände nicht mehr so zittern, will ich Euch als erstes einen Bericht senden, damit Ihr beruhigt seid. Fehler bitte ich zu entschuldigen, denn man kann nicht an der Arbeit bleiben, da dauernd Alarm ist und man sofort wegrennen muss.

Dass ich die schrecklichsten Stunden meines Lebens überstanden habe und noch gesund bin, betrachte ich als großes Wunder. Bei jedem Alarm und bei jedem Wetter bin ich in den Bunker gerannt, nun schon drei Jahre lang, und musste trotzdem die drei schwersten Angriffe im primitiven Keller miterleben. Wenn ich an diese Stunden denke, kommen mir gleich die Tränen, denn es war zu furchtbar und das Geheule der Bomben und Flugzeuge, die fast die Dächer gestreift haben, kriege ich nicht aus den Ohren.

9500 Tonnen Bomben hat der Tommy über uns abgeladen und im Radio selbst gesagt, dass er noch über keiner deutschen Stadt so viel abgeworfen hätte. Das alles kam derart unerwartet, dass die meisten Menschen nicht mehr aus den Häusern konnten.

Ich hatte schon lange vor, mir Dauerwellen machen zu lassen und hatte mich, da wir einige Tage und Nächte ziemlich Ruhe hatten, endlich dazu entschlossen, und war für Samstag morgen 8 Uhr bestellt. Da die Angriffe immer erst gegen 10 Uhr kamen, hätte ich bis dahin fertig sein können. Elsa hatte deswegen im Büro angerufen und gesagt, ich sei krank. Sonst hätte ich doch nur Scherereien bekommen.

Viertel vor Acht war ich schon beim Friseur Heiden am Hindenburgplatz, um ja früh fertig zu sein. Heiden hat keinen Luftschutzkeller. Sie gehen bei Alarm entweder bis zum Bunker oder zum Versorgungshaus in der Hansastraße. Um halb Neun, als ich mit den Dauerwellen so weit war, dass ich den ganzen Ballast samt glühenden Bolzen auf dem Kopf hatte, gab es Vollalarm und gleich hinterher akute Luftgefahr. Herr Heiden legte mir ein Handtuch über den Kopf und wir wollten alle zusammen zum Versorgungshaus.

Als wir aber aus der Tür kamen, war der Himmel schon voller Flugzeuge und Phosphor floss nur so vom Himmel. So mussten wir zurück und haben in einem kleinen Gang unter einer Toreinfahrt, mit einem Fenster nach draußen,, gestanden.

Vierzig Minuten dauerte der Angriff, Bombe auf Bombe fiel, man hörte keine Flak. Wir sind in dem kleinen Loch bald wahnsinnig geworden, das Licht ging gleich aus. Bei Taschenlampenbeleuchtung hat mir Herr Heiden das ganze Eisen vom Kopf genommen. Da stand ich mit meinem nassen Kopf im Durchzug, denn alle Fensterscheiben und Luken waren durch den Luftdruck längst heraus geflogen. Ein Fräulein von der Felsenstraße hat nur immer meine Hände gehalten und jedes mal, wenn sich wieder ein Flugzeug auf uns stürzte, haben wir unsere Fingernägel gegenseitig ins Fleisch gebohrt. Die Minuten waren endlos, aber es ging vorüber, und als wir ans Tageslicht kamen, sah es überall bös aus. Aber wir lebten!

Ich bin dann mit meiner nassen Negerkrause erst einmal nach Hause. Dort waren Türen und Fenster raus, ringst herum Volltreffer, einer nahe vor meiner Haustür. Auch vom Haus war niemand mehr fortgekommen und alle waren verstört.

Von meiner Wohnung bin ich dann sofort an brennenden und eingestürzten Häusern vorbei zur Firma. Dort waren nur kleinere Schäden, aber ringsherum alles kaputt. Neben meiner früheren Wohnung ist auch wieder ein Volltreffer ins Haus. Von da bin ich zur Düsseldorferstraße, dort war soweit alles in Ordnung.

Dann bin ich zu Tante Hilde. Auch dort große Schäden. Sie bot ein Bild des Jammers und fühlte sich sehr elend. Gerade wollte ich mich bei ihr etwas ausruhen, da kam Vollalarm und ich rannte in den Bunker am Brückenplatz. Ich hatte zu viel Angst und wollte nicht bei Tante Hilde im Haus bleiben. Was sich in den Bunkern abspielt, kann ich Euch gar nicht beschreiben. Furchtbar viele Menschen, heiße, verbrauchte Luft, alles dunkel. Schrecklich viele Kinder und Säuglinge, die den ganzen Tag noch keine warme Milch bekommen haben und schreien. Ich hatte keinen trockenen Faden mehr am Körper, als ich da rauskam.

Dann bin ich nach Hause und habe Dreck gefegt. Am liebsten hätte ich mich hingelegt, denn die Wege, alle zu Fuß und über die Trümmer, machen müde. Nachmittags wäre ich eigentlich zu Webers zum Kaffee eingeladen. Ein Besuch war ausgeschlossen, wegen der ständigen Alarme.

Abends bin ich dann erschossen ins Bett gesunken. Ich hatte das Schlafzimmer nicht verdunkelt und wurde von Motorengeräusch wach. Im selben Augenblick wird der Himmel blutrot, die erste Bombe fällt, die zweite und die dritte. Ich war vor Schreck wie erstarrt, konnte noch meinen Mantel schnappen und in den Keller rennen. Dann kamen auch die anderen Hausbewohner, zum Teil im Hemd oder Schlüpfer, runter. Da haben wir dann im Keller, zu ebener Erde, den zweiten und schrecklicheren Angriff miterlebt. Die Erde hat gebebt, der Boden hob und senkte sich, die Flugzeuge kamen im Sturzflug runter, die Bomben heulten. Wenn eine Pause eintrat, dachten wir, nun sei der Angriff zu Ende. Doch dann kam eine neue Bomberwelle.

Da keine Sirenen mehr gingen, sind wir, nachdem es einige Zeit ruhig blieb, durchs Haus gegangen und haben in Wemschen´s Wohnzimmer eine Brandbombe und zwei auf dem Speicher gelöscht. Der Himmel war blutrot von all den Bränden und vom Schillerplatz, Nahestraße und Lennestraße kamen die Funken zu uns herüber. Dazu herrschte ein furchtbarer Wind, der alles noch schlimmer machte.

Als wir nun alle noch ganz verstört herumstanden, hörten wir Motorengeräusch. Wieder rein in den Keller, dann kriegten wir den dritten Großangriff. Der Feind hatte natürlich gute Sicht durch all die Brände, deshalb hatten wir doppelte Angst, dass es auch uns treffen könnte. 5000 Flugzeuge sollen über der Stadt gewesen sein. Ich habe zum Schluss schon nicht mehr denken können. Ich habe mich bemüht, mir mein Spackchen vor Augen zu führen, aber die Gedanken versagten den Dienst. Auch das ging zu Ende und wir waren immer noch nicht tot!

An Schlaf war immer noch nicht zu denken, da auch den ganzen Sonntag ( 15. 10. 1944 ) Flugzeuge über uns kreisten und wir den Alarm von Mülheim hörten. Nun ist zweimal Flakschießen Voralarm und vier Schüsse Vollalarm, aber dann sind die Flugzeuge meistens schon über uns.

Sonntagmorgen kam Karl auf einen Sprung, schmutzig und blutend. Er ist Luftschutzleiter von der Firma in der Hegenerstraße und hat dort unmenschliches geleistet, wie ich es ihm gar nicht zugetraut hätte. Bei Käthe Mandel hat er noch mit Hilfe von zwei jungen Mädchen über 300 Matratzen aus dem brennenden Haus geholt. Eine Frau aus einem kleinen Haus ist am nächsten Tag zu ihm gekommen, und hat sich mit Tränen in den Augen bei ihm bedankt, da ihr Heim durch seine Hilfe erhalten geblieben war. Auch die Firma hatte allerhand abbekommen, aber es wurde alles gerettet und notdürftig wieder hergestellt.

Zum Mittagessen war ich bei Elsa eingeladen und freute mich, mich dort ausruhen zu können, da sie doch die Malzfabrik in der Nähe hat. Erst musste ich über die Hindenburgstraße, auf der bis zum Hindenburgplatz kein Haus mehr bewohnbar ist. Das große, düstere Haus Ecke Hindenburg- und Falkstraße hat einen Volltreffer, die Toten liegen heute noch darunter.

Auf den Straßen klettert man von einem Trichter zum anderen. Die Hansastraße ist ebenfalls nicht mehr bewohnbar, wie auch die ganzen Häuser am Nürenweg, wo Jettchen wohnt, ein Trichter am anderen. Auf der Brauerstraße sind nur noch 3 oder 4 Häuser bewohnbar. Vor Elsas Tür ist ein großer Trichter, im Garten hinter dem Haus ebenfalls. Ganze Teile vom Bürgersteig lagen in der Wohnung. Decken, Türen und Fenster sind kaputt, nur den Möbeln ist nichts geschehen, obwohl die Bombe direkt vor dem Haus runtergekommen ist.

Dann haben wir beide uns, unter fortwährenden Alarmen, drangemacht, wieder Grund in die Wohnung zu bekommen. Am Abend sah alles nicht mehr so schlimm aus. Fast konnten wir uns nicht mehr auf den Füßen halten.

Das Schlimmste von allem sind die vielen, vielen Zeitzünder, die die Hunde abgeworfen haben und die seit Samstag in einer Tour noch in die Luft gehen. Man kann ruhig rechnen, dass alle hundert Meter so ein Biest liegt. Bei der großen Anzahl konnten die Stellen natürlich nicht kenntlich gemacht werden. So lief man an den Dingern vorbei und merkte es erst, wenn man schon bald in das Loch reingefallen war. Früher standen gleich 10 Polizisten da und sperrten ab, heute aber kümmert sich niemand darum und so ist dadurch noch mancher ums Leben gekommen.

Auf dem Weg von der Brauerstraße zur Hohenstaufenstraße bin ich bestimmt an 12 solchen Dingern vorbeigekommen. Auf der Strecke musste ich überhaupt mehr klettern als laufen, denn ein Trichter war am anderen, auch einer vor Basterts Haus. Das Haus steht aber noch und ich glaube nicht, dass dort sehr große Schäden sind. Ich hatte keine Zeit und auch wegen der Alarme keine Ruhe, sonst wäre ich mal hingegangen.

Die paar Häuser, die auf dem Nührenweg vom letzten Angriff her in Ordnung gebracht worden waren, sind auch hinüber. Das große Haus Ecke Moltkestraße, in dem Heinrich Brands wohnt, ist ein Trümmerhaufen. Auch der große Kasten, Ecke Prinzenstraße ( Luftschutzhaus ) und die Baracken sind zusammengefallen, die ganzen Straßen voller Trichter, die Prinzenstraße nicht mehr bewohnbar. Die drei Försters haben alles verloren.

Vor dem Bunker Zieglerstraße, ist ein Riesentrichter, mehrere Zeitzünder lagen da. Zwei Volltreffer sind auf den Bunker selbst gefallen und haben eine Hälfte bis zur fünften Etage abgeschlagen. Es ist aber niemand getötet noch verletzt worden. Die Hohenstaufenstraße ist auf der linken Seite, vom Bunker bis zwei Häuser hinter Paula, entweder ausgebrannt oder ein Trümmerhaufen. Pastuninks Haus ist zusammengesackt, Stempels Haus hat zwei Volltreffer bekommen und ist nur noch ein Haufen Steine und hat einen Teil von Paulas Wohnung mitgerissen.

Paulas Wohnzimmer ist nur ein großes Loch. Vor dem Haus, dahinter im Garten, Trichter, Trichter. Schifferdeckers können in Paulas Wohnung notdürftig wohnen, früher hätte man es ihnen wegen Baufälligkeit sicher verboten, aber heute kümmert sich darum niemand. Die Wand im Schlafzimmer hinter den Betten steht noch, aber rechts am Kamin guckt man in den Himmel, überall Dreck über Dreck. Da habe ich mich nun drangemacht, da das Dach doch auch kaputt ist, und habe zuerst einmal die Matratzen ausgeklopft und in den Keller gebracht, die Betten auseinandergenommen, das Kinderbettchen aus all den schweren Brocken heil herausbekommen und alles an die linke Wand gestellt. Man kann sich nicht genug wundern, die Glasplatten heil, die Spiegel an der Kommode noch ganz, die Lampe hängt noch, nur die Nachttischlampe ist kaputt. Die Sachen aus den Schubläden habe ich in den Keller gebracht. In der Küche ist trotz der Bombeneinschläge ringsherum alles noch ganz, nur die Lampe nicht. Nicht ein Teil vom Geschirr ist kaputt, ich stehe direkt vor einem Rätsel. Ich habe alles ein wenig sauber gemacht und die Brocken rausgeschmissen, so dass die Küche hinterher fast aussah, als wenn überhaupt nichts gewesen wäre. Wie schön wäre es, wenn Paula nun jemanden bekäme, der ihr die Sachen noch holt, denn gerade Küche und Schlafzimmer sind doch das Wichtigste. Aus dem Wohnzimmer könnte man vielleicht noch die kleine Kommode hinter der Tür herausholen, aber das ist schon mit Lebensgefahr verbunden.

Gestern bin ich zu Fuß nach Mülheim und habe von dort mit Paula telefoniert. Hoffentlich ist es ihr möglich, dort jemanden zu bekommen, vielleicht vom SHD, der ihr die Möbel holt.

Wie es überall aussieht, kann ich Euch nicht beschreiben. Es gibt nur noch ausgebrannte Häuser und Trümmer. Wo die ganzen Menschen sind, kann ich mir nicht erklären. Viele hausen im Keller. Das Haus neben Herberg, auf der Prinz Albrecht Straße, ist auch weg. Ich bin mal eben zu Klatts an die Tür. Auch sie kamen von unten herauf. Frau Klatt sieht sehr schlecht aus, will ihren Mann aber nicht alleine lassen.

An der Ludendorfstraße ging gerade vor mir ein Blindgänger los. Ich habe gedacht, ich ginge mit in die Höhe. Ganze Balken und Steinblöcke wurden hochgeschleudert und ich habe mich an einer Wand auf die Erde geschmissen. Bei mir war Herr Klein von der Heckenstraße, der mir erzählte, dass sie fünf Stunden unter den Trümmern gelegen hatten. Dort sieht es überhaupt trostlos aus. Die ganzen Häuser, von Wüsthoffs an bis zur Felsenstraße, sind weg. Die jungen Wüsthoffs und ihre jüngere Tochter sind tot. Ebenso gibt es viele Tote vorne an der Felsenstraße, der Drogerie gegenüber. In den paar Häusern sollen 60 Menschen ums Leben gekommen sein.

Das Geschäft Weise, in dem ich immer so gut bedient wurde, hat einen Volltreffer bekommen. 14 Personen liegen noch unter den Trümmern, dabei auch Frau Weise und ihre Tochter. Sie hatten bis 12 Uhr im Bunker gesessen und sind dann nach Hause gegangen, um dann um halb zwei getroffen zu werden. Herr Weise hatte SHD - Dienst und ist alleine übrig geblieben. Das tut mir furchtbar leid, denn diese Menschen waren immer so lieb zu mir, und abends vorher hatte ich mich mit Frau Weise noch so nett unterhalten.

Frau Magd, geborene Best, von der Hohenstaufenstraße, wollte mit ihrem Mann noch schnell in den Bunker. Sie sind aber nur noch bis Rammensee gekommen und sind in deren Haus, mit Berta Rammensee, ums Leben gekommen. Kürzlich ist doch erst der Sohn von Best gefallen.

Die Firma Berninghaus ist mit einem großen Teil der Arbeiter und Angestellten vernichtet, auch Oberingenieur Seibt.

Genevriere, auf der Martinstraße, hat auch einen Volltreffer bekommen. Die ganzen Angestellten liegen unter den Trümmern.

Auf der Ruhrorterstraße stehen noch 5 Häuser. Die Brotfabrik Knäpper hat ebenfalls 35 Menschen, zum großen Teil Frauen, unter sich begraben.

Pastor Geibel und Frau tot, Otto von Strünk, Schiffsschreinerei, Frau Schlinkert mit 2 Mädchen, und noch viele, viele andere tot. Ich kann sie Euch jetzt nicht alle aufzählen und schreibe sie Euch im nächsten Brief.

Frau Schulte war gestern auf dem Friedhof. Und was sie dort an grässlichem gesehen hat, wird sie nie vergessen. Vorne stand Sarg an Sarg und auf dem großen Vorplatz lagen Berge von Leichen, die nach Schriftstücken untersucht wurden. Ein Lastwagen nach dem anderen kam angefahren. Dann ist sie gerannt, was ihre Beine nur hergaben.

Herr Schfferdeckers Freund auf der Martinstraße ( Fix ) ist mit 16 Personen dort umgekommen. In Apfelsinenkisten hat man die einzelnen Teile weggebracht.

Das große Klöcknerhaus ist ausgebrannt, die Reichsbank, der ganze Sonnenwall und die Commerzbank haben auch viel abgekriegt. Das Haus von Raab - Karcher ist fort, die Post arbeitet nicht, hat einen Volltreffer bekommen. Der Bahnhof auch. Ach, es ist überall so furchtbar, dass man es nicht aufzählen kann. Duisburg ist nun wirklich nur noch ein Trümmerhaufen. Die Schifffahrt liegt still, da die Köln- Mülheimer Hängebrücke getroffen ist und die Schiffe nicht weiterfahren können. Der Kahn von Herr Philippin ist auch gesunken. Der ganze Bau von Suhrborg ist ebenfalls ausgebrannt. Der Alte kam gerade mit Fräulein Gnieser angefahren. Sie hausen alle in Rees.

Gestern ist Trude zu Fuß zu mir gekommen. Ich war aber nach Mülheim zum Telefonieren und habe sie leider nicht gesprochen. Sie ist noch gesund.

Diesen Brief gebe ich einem Schiffer mit, der heute Abend zum Sudetenland fährt. Ich hoffe, dass Ihr die Post dadurch früher bekommt, denn Ihr möchtet sicher gerne über alles Bescheid wissen. Der ganze Bau von Herrn Weber ist auch ausgebrannt, sie hausen alle im Keller. Es ist ja nur gut, dass es reich und arm trifft. Nun wünsche ich nur, dass wir bald wieder Licht, Gas und Wasser bekommen, dass man sich wieder helfen kann. Hauptsächlich fehlt uns das Radio. Geschäfte haben wir keine mehr und sind in den letzten Tagen mit Brot, Wurst und warmem Essen von der NSV versorgt worden. Heute hat Tengelmann auf der Königstraße einen Wagen aufgestellt, wo man etwas kaufen konnte.

Da für mich nachts der Weg zur Fabrik zu weit ist, gehen wir nun jeden Abend um 7 Uhr schon hin. Meistens bleiben wir bis 12 Uhr. Dann gehe ich zu Schultes und schlafe dort. Wenn dann noch was kommen sollte, sind wir von dort aus schneller am Bunker. Schultes sind rührend um mich besorgt. Die junge Frau Schulte besorgt mir von der NSV morgens Brot und Wurst und mittags warmes Essen, da man dort immer so lange warten muss. Die alten Schultes fahren jetzt weg. Sie sind froh, dass ich nachts bei der jungen Frau bin. Außerdem ist noch eine nette, junge Frau vom Telegrafenamt da, die gerade ihren Mann verloren hat. Ich glaube auch, dass wir eines Tages hier weg müssen, denn das Schießen von der Front wird immer deutlicher.

Adolf hat vergangenen Donnerstag bei mir geschlafen und brachte mir 20 Pfund Äpfel, 1 Pfund Butter und eine Wurst mit. Er hat nicht geahnt, was er mir damit bescherte. Denn in den ersten Tagen hatten wir doch nichts zu essen und Butter konnten wir heute die erste kaufen. Er muss für´s Militär nach Essen. Hoffentlich passiert ihm in Wesel nichts. Er hat aber ein gutes Leben und da er bei einem Bauern wohnt, bekommt er auch sehr gutes Essen.

Gleich will ich mal eben zu Liesbeth rennen. Ich weiß noch nicht, was die alles abbekommen haben. Man ist auch zu bange, vom Bunker weg zu gehen, weil jeden Augenblick die Hunde wieder über uns sein können. Vor dem Bunker sitzen den ganzen Tag über die Leute mit ihrem Gepäck, und im Bunker hausen die Obdachlosen. Was da für eine Luft ist, wenn man reinkommt, brauche ich Euch wohl nicht zu schildern. Man kann kaum noch atmen. Im Dellplatzbunker ist es schon so, dass keine Kerze mehr brennt, wegen fehlenden Sauerstoffs. Dieser Bunker hat auch zwei Treffer bekommen, haben ihm aber nichts ausgemacht.

So, nun muss ich aber aufhören, denn es fängt an dunkel zu werden. Dann schlägt mein Herzchen schon bis zum Hals.

Es ist mir nur so schrecklich, dass ich von Euch so nun gar nichts höre, denn bis heute ist noch keine Post gekommen. Hoffentlich hatte mir Irma kein Paket geschickt, denn hier in der Post sind eine Unmenge Pakete verbrannt. Frau Grotestollens Mutter ist auch schon wieder obdachlos Stahlhofens haben alles wieder verloren und hatten doch so schöne Sachen angeschafft. Sie haben nur ihre Koffer aus dem Keller holen können, dann stürzte der Bau ein. Wo Herr Stahlhofen steckt, wissen sie gar nicht. Frau Stahlhofen ist fertig und tut mir sehr leid.

Bleibt Ihr nur alle gesund und schreibt mir bitte. Einmal muss ich die Post ja doch kriegen. Ich denke viel an Euch alle und hoffe sehnlichst, dass wir uns doch bald alle wiedersehen. Macht Euch um mich keine Sorgen, mir geht es gut. Vielleicht haben war auch jetzt Ruhe.

Frauen, Kinder und alte Leute sind gestern und heute schon viele weggebracht worden, nach Württemberg. Berufstätige müssen hier bleiben. Dennoch weigern sich viele zu gehen. Die Soldaten, die innerhalb Deutschlands liegen, bekommen 9 Tage Urlaub. Ob Friedel es auf Grund meiner Eilkarte auch möglich machen kann? Vielleicht wäre es aber besser, er käme in dieser unsicheren Zeit nicht.

Eure Ilse                                                                                        Ilse B.      18.12.1944

 

Wie sich ein solcher Angriff aus militärischer Sicht darstellt, sagt der unmittelbar nach den Angriffen am 16.10.1944 entstandene Bericht der englischen Luftaufklärung. Der folgende Text ist eine Übersetzung des entsprechenden RAF- Dokumentes. Kopien solcher Berichte wurden den englischen militärischen Entscheidungs- und Geheimdienstbehörden übergeben. Hinter diesem Bericht verbirgt sich das Leiden vieler tausend Menschen der Region und der Stadt Duisburg. Dass es 2876 Tote durch diese Angriffe allein an diesen beiden Tagen in Duisburg gegeben hat, kann man daraus nicht entnehmen.
 

Immediate Interpretation Report NO K 3292                                              16.10.44

Region: Duisburg

Beobachtungszeit: Dieser Bericht beschreibt die Schäden in Duisburg zwischen dem 28.9.1944, 15.15 Uhr und dem 15.10.1944, 10.15 Uhr. Er schließt die Schäden der Angriffe des Bomber Command am 14.10.1944, Tagesangriff und vom 14./15.10.1944, Nachtangriff ein.

Vorläufige Schadensfeststellung: Die Zerstörungen sind schwer und weitreichend. Sie erstrecken sich von Hamborn im Norden bis nach Wannheimerort im Süden. An vielen Stellen sind noch Brände und an einigen Teilen bedecken dichte Rauchwolken die Stadt. Schäden sind an allen Arten von Gebäuden zu erkennen. Inbegriffen sind die Vereinigten Stahlwerke

( Priorität 1 ). August Thyssen- Hütte AG, Hochöfen und Aufbereitungsanlagen in Hamborn schwer beschädigt. Niederrheinische Hütte, andere Industrieanlagen, viele Lagerhäuser entlang der Häfen und Bahnlinien, schwer beschädigt.

Unter den Verkehrszielen, die getroffen wurden befindet sich auch der ausgedehnte Binnenhafen. Seine Fläche ist zum größten Teil von Rauch bedeckt. Viele Bombentrichter sind zu sehen und die baulichen Anlagen sind zerstört.

Der Hauptbahnhof hat mindestens vier direkte Treffer bekommen und im gesamten Stadtbereich sind die Bahnstrecken durch Bombentrichter unterbrochen.

Bombentrichter liegen verbreitet im dicht bebauten Bereich und es ist zu erkennen, dass viele Wohnhäuser direkt getroffen worden sind.

Unter dem Vorgenannten befinden sich folgende Objekte.

(1)       Vereinigte Stahlwerke A.G.   Hamborn        Priorität 1       (4102)

            August Thyssen Hütte                       Alsum

            Stahl

(2)       Vereinigte Stahlwerke A.G.   Duisburg         Priorität 2       (4073)

            August Thyssen Hütte

            Niederrheinische Hütte

            Stahl

(3)       Vereinigte Stahlwerke A.G.   Hamborn        Priorität 3       (4053)

            August Thyssen Hütte

            Hütte Ruhrort-Meidrich

            Stahl

(4)       Demag Werk 1                       Duisburg         Priorität 1       (3060)

            Dampfkraftmaschinen,
            Pumpen                                   Duisburg         Priorität 3       (3060)

(5)       E.Berninghaus                     Duisburg         Priorität 3       (3061)

            Schiffskessel

(6)       Vereinigte
             Deutsche Metallwerke           Duisburg         Priorität 3       (3061)

            Bronze, U. Kupferaufbereitung

(7)       Henkel & Co Werk 1                   Duisburg         Priorität 3       (3061)

            Industriechemikalien

(8)       Städt. Gas und Wasserwerke     Duisburg         Priorität 3       (3061)

 

Luftaufnahmen : 541 Squadron              Einsatz : 106 G / 3343

Datum und Uhrzeit der Aufnahme :        15.10.1944                 10.15 Uhr

A.C.I.U.                       JAAP/RAC                  Verteiler : Nr. 23        456 Kopien

                                                           Immediate Interpretation Report, Bestand:F. Stöters
 

Luftangriffe dieses außerordentlichen Ausmaßes, wie die Operation Hurricane und auch andere, wurden von den Alliierten mit der dadurch erzielten Verkürzung des Krieges begründet und dass gerade dadurch eine Rettung von Menschenleben möglich wäre. Eine Begründung, die nicht zutreffend ist, wie der Verlauf des Krieges deutlich gezeigt hat.

Die wirklichen Gründe der Alliierten für diese Luftangriffe, deren erster die Operation Hurricane war, geben sich erst nach Analyse der nicht genannten Argumente zu erkennen.

Sie wollten die Zusammenarbeit des Oberkommandos des Bomber Command mit der Führung der 8. Luftflotte USAAF erproben.

Es war ihr Ziel, zum ersten mal in einer kurzen Zeit so viele Bomben wie möglich auf eine Region zu werfen, um deren, Häuser, Menschen, Fabriken, Verkehrswege, Verkehrseinrichtungen und Verteidigungsanlagen auf einen Schlag zu zerstören.

Sie mussten das Zusammenwirken der leichten Luftkampfverbände der 2nd TAF und der amerikanischen Fighter Groups mit den schweren Bomberverbänden der RAF und der USAAF in der Praxis erproben.

Sie wollten diese neuen Superangriffe, die aus kombinierten Flächenbombardierungen Einzelbombardierungen, Bordwaffenbeschuss und Ablenkungsangriffen bestanden, später auf andere Städte anwenden.

Duisburg und Köln wurden als Zielstädte ausgesucht, weil sie von England aus relativ schnell zu erreichen waren, ein großer Vorteil bei Mehrfachangriffen an einem Tag. Zum zweiten musste man zum Angriff dieser Städte nicht tief in das immer noch stark mit Flak verteidigte Ruhrgebiet eindringen.

Ein weiterer strategischer Grund für diese Operation war die Zerstörung der Nord und Südseite des westlichen Ruhrgebietes ( Duisburg und Köln ), zur Sicherung der für später geplanten Rheinüberquerungen. Die Alliierten wollten bei der geplanten nördlichen und südlichen Umfassung des Ruhrgebietes ein zerstörtes, nicht mehr intaktes Kampffeld vorfinden, von dem nur noch eine geringe Gefahr für ihre Truppen ausging.

Oberstes strategisches Ziel der Alliierten war, südlich und nördlich vorbei am Ruhrgebiet, so schnell wie möglich die Elbe und Berlin zu erreichen. An dieser Route liegt Braunschweig, die Stadt die in der Nacht des 14. zum 15 Oktober, zusammen mit Duisburg im Schutt und Asche gelegt wurde, nachdem die Zerstörung der Stadt durch die Bomber der RAF viermal zuvor fehlgeschlagen war.

Diese Erkenntnisse aus der Analyse der Kriegslage, nach der Operation Hurricane, im Herbst 1944 war der militärischen und politischen Führungsspitze Deutschlands nur zu gut bekannt.
 

Das Ende des Deutschen Reiches war greifbar. Doch das politische und militärische Chaos nahm seinen Lauf. Hitler, als Regierungschef und Oberbefehlshaber aller deutschen Soldaten, ignorierte alle Bitten seiner Militärführer, mit den Alliierten über den Frieden zu verhandeln, ja eine Kapitulation in Erwägung zu ziehen.

Er war derjenige, der es in der Hand gehabt hätte, dass sich in der Folgezeit Operationen, wie die in Duisburg, Köln, Braunschweig und an der Sorpe nicht an anderen Orten wiederholt hätten. So wären viele Menschenleben nicht geopfert worden, die der Krieg in seiner Endphase noch forderte.

2500 Bomber warfen fast 10000 Tonnen Bomben in 12 Stunden auf das Reichsgebiet. Der konzentrierte Angriff auf die Stadt Duisburg als Vorbereitungs- und Transportraum (zum Kampf gegen die Invasionsfront), wurde ein großer Erfolg. Noch ein Jahr zuvor wäre es glatter Selbstmord gewesen, bei Tage über dem Reichsgebiet aufzutauchen. Nun ist es soweit, dass wir das mit Verlusten von weniger als einem Prozent machen können. Ermöglicht wurde dieser Erfolg durch die vollständige Abwesenheit der Luftwaffe, den Einsatz von Buben und Mädchen in den Flakstellungen und durch die Vergeudung von Kraftstoff für die fliegenden V1-Bomben.               BBC Archives London


Diese Meldung verbreitete die BBC am 15. Oktober 1944. Das Bomber Command und die 8. USAAF hatten den Weg bereitet für den „Big Bang“, den Paukenschlag, mit dem der Krieg in Deutschland zu Ende gehen sollte. Der Krieg in Fernost endete mit einem atomaren Schlag gegen Hiroshima und Nagasaki, der in Europa im Bombeninferno von ungeahntem Ausmaß.

168 Menschen aus Köln, 16 aus Oberhausen, 2 aus Essen, 10 aus Homberg, 26 aus Dinslaken, 9 aus Krefeld, 19 aus Leverkusen und 42 aus Gladbeck kamen bei den Angriffen der Operation, zusätzlich zu den 2876 Opfern aus Duisburg, ums Leben.

Heute bleibt uns nur die Trauer um die vielen Opfer der Operation Hurricane. Auch um die neunundzwanzig Menschen aus Mülheim, die die Angriffe auf Duisburg nicht überlebten.

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